Nachhaltige Verpflegung beschaffen: Zwei Kita- und Schulträger im Interview | |||||||
Stand: 04/14/2022 | |||||||
Nachhaltige Beschaffung ist Trägeraufgabe. In Rheinland-Pfalz haben sich schon einzelne Träger von Kitas und Schulen auf den Weg gemacht die Verpflegung in Ihren Einrichtungen Nachhaltig zu beschaffen. Mit zwei Verbandsgemeinden konnte das Fachzentrum Ernährung Rheinland-Pfalz ein Interview führen. In der Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain ist Frau Barton zuständig für den Bereich Schulen im Fachbereich „Zentrale Dienste“. Die VG hat sieben Schulen in Trägerschaft, davon drei mit Mittagsverpflegung. Die Kitas sind in Trägerschaft der Stadt bzw. Ortsgemeinden. Die Verbandsgemeinde wurde vom Fachzentrum Ernährung Rheinland-Pfalz im Rahmen des Projektes bei der Erstellung der Leistungsverzeichnisse und Formulierung von Vergabeunterlagen betreut. Hierzu wurden unteranderem Runde Tische in Einrichtungen durchgeführt. Frau Regina Stahlhofen, zuständig für den Bereich Bildung - Schulen in der VG Montabaur. Die Verbandsgemeinde hat sechs Schulen mit Mittagsverpflegung in eigener Trägerschaft, sie hat am INFORM Projekt 2020/2021 zur Erarbeitung eines Verpflegungskonzepts teilgenommen. In diesem Zuge erfolgte eine Beratung zur Qualität und Vergabe.
Der Einsatz von Bio-Lebensmitteln in der Kita- und Schulverpflegung ist ein Beitrag zu einer nachhaltigeren Ernährung der Kinder und Jugendlichen. Bio-Lebensmittel bieten vielfältige Mehrwerte. Was sind die Gründe Ihrer Verbandsgemeinde für den Einsatz von Bio-Lebensmitteln? VG Montabaur: Wir möchten die Kinder für mehr Nachhaltigkeit sensibilisieren und mit dem Angebot in unseren Mensen zur nachhaltigen Ernährung der Kinder beitragen. Dies bezieht sich auch auf die Saisonalität der eingesetzten Lebensmittel. Der Einsatz von Bio-Lebensmitteln trägt insgesamt zu einer nachhaltigen Speiseplangestaltung bei und beeinflusst auch die Beschaffung des Caterers positiv. Da die Regionalität der eingesetzten Lebensmittel in der Ausschreibung nicht gefordert werden darf, haben wir hier keinen weiteren Einfluss. Wir wissen aber, dass der Caterer einen großen Teil seiner Lebensmittel aus der näheren Region seines Firmensitzes beschafft. VG Betzdorf-Gebhardshain: Der Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain ist es wichtig, dass die Ganztagsschüler*innen an den Schulen in ihrer Trägerschaft eine gesunde, schmackhafte Mittagsmahlzeit erhalten. Ungesunde Ernährung bei Kindern ist die häufigste Ursache für Erkrankungen und Übergewicht und der Schulträger möchte einen Beitrag leisten, um dem entgegen zu wirken. Bio-Produkte tragen u. E. zu einer gesunden Ernährung bei, da in der Bio-Landwirtschaft u. a. auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verzichtet wird und deutlich weniger Zusatzstoffe erlaubt sind. Auch der Beitrag zum Umweltschutz spielt eine Rolle, da die Produktionsmethoden zur Herstellung von Bio-Lebensmitteln umweltfreundlicher sind.
Wie integrieren Sie das Thema in die Vergabe? Wie hoch ist der Bio-Anteil in den Einrichtungen laut der Ausschreibungen? In welcher Form wird dies umgesetzt? VG Betzdorf-Gebhardshain: Bei der Vergabe sollte der Einsatz von Produkten aus ökologischer/biologischer Produktion, fair angebauter und gehandelter Lebensmittel sowie von Fisch aus bestandsschonender Fischerei Berücksichtigung finden. Entsprechende Anforderungen an die Auswahl der Lebensmittel und an die Speiseplanung wurden ins Leistungsverzeichnis aufgenommen. Der Anteil an Bio-Lebensmitteln an der Mittagsverpflegung muss mindestens 20 % des monetären Wareneinsatzes bezogen auf den Gesamtwarenwert und bezogen auf die Einrichtung betragen. VG Montabaur: In unserem Verpflegungskonzept haben wir einen Bio-Anteil von mindestens 30% des Verpflegungsangebots, gemessen am monetären Warenwert, festgelegt. Dieser Anteil soll im Zeitraum von 20 Verpflegungstagen erreicht werden. Mit Ausnahme von Fleisch und Fisch sollen über alle Warengruppen hinweg Bio-Lebensmittel angeboten werden - vom Getreide über Gemüse und Obst bis hin zu Milch und Milchprodukten. Diese Anforderungen des Verpflegungskonzepts waren die Grundlage für die Ausschreibung. Der Caterer erfüllt diese Vorgaben, in einigen Wochen liegt der Bio-Anteil im Angebot über den 30%. Wie hoch der Bio-Anteil im Verzehr ist, hängt dann aber davon ab, welche Speisen die Eltern bzw. Schüler*innen auswählen.
Damit dann tatsächlich ein gesundheitsförderliches und nachhaltiges Verpflegungsangebot mit Bio-Lebensmitteln auf den Tisch kommt ist zudem noch der Vergabeprozess zu durchlaufen. Auf welche Knackpunkte müssen Träger bei der Vergabe achten? VG Betzdorf-Gebhardshain: Der Prozess von der Bedarfsermittlung über Markterkundungen, Erstellung eines Leistungsverzeichnisses bis hin zur öffentlichen Ausschreibung ist sowohl inhaltlich als auch zeitlich bearbeitungsintensiv. VG Montabaur: Es ist wichtig, die gewünschte Leistung möglichst genau zu beschreiben und die Anforderungen klar zu formulieren. Damit Sicherheit besteht, im Rahmen des rechtlich Zulässigen zu handeln, ist es wichtig, sich beraten zu lassen und die Vergabeunterlagen rechtlich prüfen zu lassen - vor allem bei einer europaweiten Ausschreibung. Mit dem erteilen des Auftrags an den jeweiligen Anbieter ist der Vergabeprozess beendet und die Umsetzung in den Einrichtungen kann beginnen. Um die Akzeptanz für die Verpflegung bei Kindern und Jugendlichen sicherzustellen und vor allem auch ein den Anforderungen entsprechendes, wohlschmeckendes und bedarfsdeckendes Angebot sicherzustellen sollten Maßnahmen ergriffen werden. Wie wird in den Einrichtungen die Qualitätssicherung gewährleistet? VG Betzdorf-Gebhardshain: Bei der Vergabe wurde geregelt, dass der Auftragnehmer den Einsatz der Bio-Lebensmittel, der fair gehandelten Lebensmittel und den Einsatz des Fisches aus bestandsschonender Fischerei jährlich in Textform – bezogen auf die leistungsgegenständliche Einrichtung – nachzuweisen hat. Dem Nachweis sind die dazugehörigen Belege beizufügen, aus denen sowohl die Bezugsquelle, die Menge als auch das Lebensmittel klar und deutlich – für den jeweiligen Abrechnungsmonat – erkennbar sind. VG Montabaur: In unseren Einrichtungen wird bei Bedarf ein runder Tisch durchgeführt. An den weiterführenden Schulen gibt es einen Mensa-Rat, in dem Schüler*innen zu Wort kommen und Wünsche und Kritik formulieren können. Dies kann ich weiterempfehlen. Der Einsatz der Bio-Lebensmittel wird vom Caterer transparent dargelegt, indem sie auf den Speiseplänen gekennzeichnet sind.
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