Pilzgenuss - das ganze Jahr

Stand: 12/01/2022
Schmackhafte Pilze sind das ganze Jahr ein Hochgenuss. Leider verwöhnt uns die Natur nur für kurze Zeit mit schmackhaften Wildpilzen. Wer nicht nur im Herbst gerne Pilze ißt, kann auf Zuchtpilze zurückgreifen. Sie sind saisonunabhängig und werden in geschlossenen Räumen auf unterschiedlichen Substraten kultiviert.

Einführung in die wunderbare Welt der Pilze. Interview mit Benedikt van Acken, zertifizierter Pilzsachverständiger

Pilze findet man im Handel beim Gemüse. Allerdings sind sie im botanischen Sinn keine Pflanzen, denn im Unterschied zu Gemüsearten und Kräutern besitzen sie kein Blattgrün (Chlorophyll). Daher können sie auch nicht mit Hilfe der Photosynthese aus Sonnenlicht Biomasse produzieren. Sie sind auf fertige, organische Substanzen in ihrer Umwelt angewiesen, die sie beim Zersetzen pflanzlicher und tierischer Produkte (als Parasiten) oder durch Besiedelung abgestorbener organischer Substanz (als Saprophyten = Fäulnisbewohner) erhalten.
Viele Speisepilze sind sogenannte Symbionten - Pilze, die mit höheren Pflanzen, meist mit Laub- oder Nadelbäumen, eine Lebensgemeinschaft eingehen.

Was wir als Speisepilz ernten und verarbeiten, ist lediglich der Fruchtkörper des Pilzes, der aus einem dichten Geflecht (Myzel) besteht, das den Boden manchmal im Umkreis von einigen Metern vom Fruchtkörper entfernt durchwächst und von zahllosen feinen Fäden (Hyphen) gebildet wird. Die Fruchtkörper der meisten unserer Speisepilze haben die „klassische“ Pilzform, d.h. sie bestehen aus Hut und Stiel.


Die beliebtesten Zuchtpilze

An der Spitze steht der Champignon. Früher galten die kleinen weißen Pilze als die edelsten, heute schätzen Kenner die braunen Sorten, die aromatischer sind. An zweiter Stelle hat sich auf dem deutschen Markt der Austernpilz durchgesetzt. Wegen seines Geschmacks heißt er auch Kalbfleischpilz. Es folgt der Skiitake, der leicht scharf und lauchartig schmeckt. Relativ neu auf dem Markt ist der Kräuterseitling, auch Königsausternpilz genannt. Er ist einer der wertvollsten Kulturpilze und zeichnet sich durch eine feste Konsistenz und ein kräftiges Aroma aus. Er bleibt auch nach dem Garen bissfest. Ein einzelner Pilz kann bis zu 300 g schwer werden.

In diesem Video stellt Melina Ebert vom Fachzentrum Ernährung verschiedene Zuchtpilze vor:
Die leckersten Zuchtpilze für die Küche

Quelle: SWR Fernsehen: Kaffee oder Tee, Sendung vom 12.09.2022, 17.41 Uhr (Zugriff 17.11.2022)


Anbau

Um eine Pilzkultur zu erhalten, muss zunächst Pilzbrut hergestellt werden. Dafür wird Pilzmyzel (Pilzgeflecht) auf eine sterilisierte Nährgrundlage (z.B. aus Getreidekörnern) aufgetragen. Daraus bildet sich die Pilzbrut. Diese wird auf das jeweilige Substrat aufgebracht, wo dann die Pilzkultur heranwächst. Je nach Pilzart werden unterschiedliche Substrate und Lebensbedingungen benötigt.

Champignons können bei ausreichender Feuchtigkeit noch im Halbdunkeln bis Dunkeln wachsen. Sie gedeihen auf Kompost aus Pferdemist, Stroh und Hühnermist, der durch Zuschlagstoffe, wie Baumwollabfälle, Gips und Malzkeime angereichert wird. Diese Mischung muss aufbereitet werden und am Ende des Prozesses steht ein steriles Substrat zur Verfügung. Sobald es mit Pilzbrut gespickt ist, wird es mit einer Deckschicht auf Torfbasis abgedeckt.

Austernpilze gedeihen nur bei ausreichend Licht. Sie wachsen auf flachen Substratblöcken aus Getreidestroh. Die Substratblöcke werden unter keimfreien Bedingungen mit Körnerbrut geimpft und in Spezialhallen auf Hochregalen gestapelt. Eine Folie verhindert während der Anwachszeit sowohl das Austrocknen als auch das Eindringen von Schaderregern. Die Fruchtkörper entwickeln sich durch Löcher in der Folie.

Shiitake werden auf Substratblöcken aus Sägespänen und Holzhackschnitzeln überwiegend aus Buchenholz gezogen, gedeihen aber auch auf Eiche, Birke und Kastanie. Sie benötigen lichten Schatten oder Helligkeit zur Fruchtkörperbildung. Die Sägespäne werden mit Zuschlagstoffen wie Maismehl, Weizenkleie und Gips angereichert und in hitzeresistenten Folien zu Substratblöcken zusammengepresst. Nach dem Spicken (Versetzen von Wachstumssubstraten mit Körnerbrut) der Blöcke mit Pilzbrut reifen die Pilze in Spezialhallen auf Hochregalen.

Der Kräuterseitling verdankt seinen Namen seinem hauptsächlichen Wachstumsort, den stärkereichen Wurzeln von Kräutern, meist Mannstreu. Während der edle Pilz im asiatischen Raum auf Baumwollresten oder Maisspindeln wächst, produzieren deutsche Betriebe ihn auf der Basis von Sägemehl und Stroh.


Ernte

Es gibt verschiedene Erntetechniken: Abdrehen, Abbrechen oder Abschneiden. Für jeden Pilz gibt es unterschiedliche Pflücktechniken.

Champignons für den Frischverzehr werden üblicherweise im Akkord gepflückt, für die Verarbeitung in Konserven können sie auch maschinell geerntet werden. Im Austernpilz- und Shiitake-Anbau wird von Hand gepflückt.

Der Reifezeitpunkt der Champignons kann durch die Steuerung der Temperatur und durch das Auftragen von Deckerde an das Verbraucherverhalten angepasst werden. Dadurch ist es möglich, dass zu den Haupt-Verkaufstagen frische Ware vorhanden ist. Eine Erntewelle dauert vier bis fünf Tage. Danach folgt eine Ruhephase von ein bis zwei Wochen, bevor die zweite Erntewelle einsetzt. Die Fruchtkörper werden vom Myzel abgedreht, damit keine Stümpfe stehen bleiben. Die Stümpfe könnten Schaderregern als Eintrittspforte dienen.
Austernpilze sind dann reif, wenn der Hut aus der Trichterform in die Waagerechte wächst. Austernpilze wachsen in dichten Trauben. Diese werden bei der Ernte gepflückt und danach Stück für Stück per Hand los geschnitten. Von großen, ausgewachsenen Pilzen werden fast nur die Hüte verkauft, weil die Stiele schon leicht zäh sein können. Kleinere Trauben gehen ganz in den Handel.
Der Shiitake wird grundsätzlich mit geöffnetem Hut geerntet. Der Fruchtkörper wird vom Substratblock geschnitten, manchmal auch abgedreht. Die oft recht langen Stiele werden manchmal auch gekürzt.

Nach der Ernte müssen die Pilze sehr schnell in ihre Verpackungen eingefüllt und gekühlt werden, da die Pilze sehr empfindlich gegen mechanische Beschädigung sind und ihr Verfallsprozess schnell einsetzen kann.
Pilze werden in Wellpappe (für große Mengen von ein bis drei Kilo), Pappe (für die Selbstbedienung im Supermarkt in 200 g oder 400 g Schalen) und Kunststoff (für die Selbstbedienung im Supermarkt in 200 g oder 400 g Schalen) verpackt. Diese Verpackungsschälchen werden mit einer Spezialfolie überzogen, wodurch die Atmungsaktivität verlangsamt wird. Auf diese Weise werden der Verdunstungs- und damit auch der Gewichtsverlust reduziert.


Einkauf und Lagerung

Pilze zählen aufgrund ihrer instabilen Hülle und der schnellen Zersetzbarkeit der Inhaltsstoffe zu den leicht verderblichen Lebensmitteln. Aus diesem Grund sollte besonders auf die Frische der Pilze geachtet werden und ansonsten zu Tiefkühlware, Konserven oder Gläser sowie zu getrockneten Pilzen gegriffen werden.
Frische Pilze sind an ihrem intensiven, charakteristischen Geruch und an der trockenen Hautbeschaffenheit zu erkennen. Frische Pilze sollten prall und saftig aussehen, aber nicht überreif erscheinen. Sie sollten fest und nicht verfärbt, nicht weich, fleckig oder ausgetrocknet sein. Trockene Stielenden zeigen, wie beim Spargel, dass die Pilze schon länger lagern. Die Hüte sollten unbeschädigt sein, gleiches gilt für die Lamellen. Champignons sollten ungeöffnete Hüte haben.

Es wird empfohlen, in Folie verpackte Pilze nach dem Einkauf sofort zu öffnen und schnell zu verarbeiten. Sie sind im Kühlschrank etwa ein bis zwei Tage haltbar.

Im gegarten Zustand sollten Pilze maximal einen Tag im Kühlschrank aufbewahrt werden. Wichtig ist, dass die Reste von Pilzgerichten rasch abgekühlt und bei 4°C gelagert werden. Beim Wiedererwärmen sollten Pilzgerichte vollkommen durcherhitzt werden.


Gesundheitliche Bewertung

Pilze sind eine schmackhafte und gesunde Bereicherung des Speiseplans. Kulturspeisepilze sind reich an Eiweiß. Im Durchschnitt enthalten sie 3,3 Gramm Eiweiß pro 100 Gramm und damit deutlich mehr als die meisten Gemüsesorten. Hervorzuheben ist der hohe Gehalt an Eisen und anderen Spurenelementen, wie Zink und Selen. Daneben beinhalten sie Vitamine, vor allem solche aus der B-Gruppe und Vitamin D.
Pilze sind somit nicht nur gut geeignet als Bestandteil vegetarischer Gerichte, sie eignen sich auch zur Unterstützung bei Diäten. Zu rund 90 % bestehen sie aus Wasser, enthalten kaum Fett, dafür aber unverdauliches Chitin. Als Ballaststoff sorgt das Chitin einerseits dafür, dass Magen und Darm mit einer Pilzmahlzeit lange beschäftigt sind - man ist also lange satt. Zum anderen können Pilze aber wegen des Chitingehalts schwer im Magen liegen. Gegart ist die Verdaulichkeit einfacher.

Zuchtpilze weisen weniger Schwermetalle auf als Wildpilze. Allerdings sind zumindest diejenigen aus konventionellem Anbau nicht grundsätzlich frei von Schadstoffen bzw. Rückständen. Pilzkulturen sind anfällig für Schädlinge, was einen umfassenden Kulturschutz erforderlich macht. Zu den Hygienemaßnahmen gehören z.B. Sterilisieren und Desinfizieren, notfalls auch der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln.
Deutsche Zuchtpilze kommen aus kontrolliert Integriertem Anbau, bei dem so gut wie keine Desinfektionsmittel oder Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Im kontrolliert integrierten Pilzanbau werden schädliche Mikroorganismen wie z. B. Bakterien, Insektenlarven, Schadpilze oder Milben durch Pasteurisierung vernichtet. Man verwendet Substrate, die ohne Chemie natürlich gereift sind und ausschließlich aus organischen Bestandteilen bestehen.
Deutsche Produzenten haben sich bundesweit einheitliche Richtlinien auferlegt, die sogar über die strengen gesetzlichen Vorschriften hinausgehen. Wer ganz sicher gehen will, sollte auf Erzeugnisse aus ökologischem Anbau zurückgreifen.


Verwendung und Zubereitung

Pilze können vielfach verwendet werden: gekocht, geschmort, gegrillt oder gedünstet. Zuchtpilze lassen sich auch roh in Salaten oder als Rohkost zu belegten Broten nutzen. Man kann Pilze außerdem trocknen und in Essig und Öl einlegen. Getrocknete Pilze werden in Wasser oder Wein eingeweicht, die Flüssigkeit kann bei der Zubereitung zusätzlich genutzt werden.

Die folgende Tabelle zeigt Verwendungsmöglichkeiten der verschiedenen Pilze:

Pilzart Verwendung
Champignon Für fast alle Gerichte. Ganze Pilze gebacken, gegrillt oder als Antipasti. Geschnitten zum Dünsten, als Creme, für Suppen, Soßen zu Fleisch, Pasteten, Terrinen, Cocktails, Salate. Große Exemplare können schmackhaft gefüllt werden. Zuchtchampignons können auch roh gegessen werden.
AusternpilzFür Suppen, Soßen, als vegetarisches Nudel-Gericht, als Beilage zu hellen Fleischgerichten und für Terrinen.
Shiitakepilz Für Suppen, Soßen, als vegetarisches Nudel-Gericht, für Eier- und Reisgerichte, Füllungen und Salate.
Kräuterseitling Besonders geeignet für vegetarische Hauptgerichte, auch für Salate, Suppen, Ragouts und Schmorgerichte.

Allgemeine Hinweise zur Zubereitung der Pilze:
  • Keine alte Ware verwenden, diese wird zäh.
  • Nur unbeschädigte Pilze verwenden.
  • Die Huthaut braucht nicht abgezogen zu werden.
  • Kulturpilze müssen nicht gewaschen werden. Ein trockenes Abreiben oder Abbürsten eventueller Schmutzbestandteile genügt.
  • Pilzgerichte weder stark salzen, noch würzen, da sonst der Eigengeschmack nicht zur Geltung kommt.
  • Frische Kulturspeisepilze sind der Konservenware vorzuziehen. Frischpilze schmecken aromatischer und sind gehaltvoller.


Quellen und weiterführende Informationen
  • Vergiftung durch Speisepilze vermeiden
  • Christina Rempe: Speisepilze. Champignons, Pfifferlinge & Co., im Internet unter bzfe.de (Zugriff 17.11.2022)
  • Günther Liebster: Warenkunde Gemüse Band 2, S. 371 ff, Hädecke Verlag, Weil der Stadt 2002
  • Michael Ditter, Ingeborg Pils (Hrsg.): Das Manuscriptum - Handbuch der Lebensmittel, Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, Waltrop und Leipzig 2007
  • Bund Deutscher Champignon- und Kulturpilzanbauer (BDC) (Hrsg): Kulturpilze, im Internet unter der-champignon.de (Zugriff: 17.11.2022)


    www.Ernaehrungsberatung.rlp.de