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Zucker reduzieren – aber wie? |
Stand: 02/07/2023 |
Noch zu Zeiten von Goethe und Schiller war Zucker Ende des 18. Jahrhunderts ein seltenes Gut und daher übermäßig teuer und elitär. Dementsprechend unbedeutend war er in der Ernährung der europäischen Bevölkerung. Gängige Süßungsmittel waren lediglich Honig und Früchte. Mit der Gewinnung von Zucker aus der Zuckerrübe wurde der Zuckerkonsum allmählich „demokratisch“. Die früh auf Sklavenarbeit beruhende Rohrzuckerbelieferung wich im Laufe des 19. Jahrhunderts dem heimischen Rübenzucker, der für die Normalbevölkerung immer erschwinglicher wurde. Mit zunehmendem Wohlstand wurde das Leben mit „Haushaltszucker“ immer süßer. Weitere Süß-Anreize kamen vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus der Lebensmittelindustrie. Durch die hydrolytische Aufspaltung von Pflanzenstärke, konnten sehr preisgünstige Zuckervarianten, vor allem Glukose- und Fruktosesirupe, als maßgeschneiderte Süßungsmittel in Fertig- und Halbfertigerzeugnissen (Convenience-Produkten) eingesetzt werden. Der Zuckergehalt wurde auch in verarbeiteten Lebensmitteln, in denen man kaum Zucker vermuten würde, immer präsenter. Heute ist Zucker allgegenwärtig in unseren Mahlzeiten und dessen zu hoher Konsum ist inzwischen gesundheitlich problematisch geworden. Ein Zuviel an Zuckerkonsum, z. B. durch Getränke (Softdrinks), wird von den Ernährungsfachgesellschaften in Zusammenhang gesetzt mit Übergewicht bzw. Adipositas, mit einem hohen Risiko zu Diabetes mellitus Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Häufiger Zuckerkonsum ist ebenso für die Entstehung von Zahnkaries verantwortlich, insbesondere bei Kleinkindern und bei ungenügender Mundhygiene. Auch die Entwicklung von Gicht oder einer Fettleber speziell als Folge einer hohen Fruktosezufuhr und die Entwicklung von Depressionen werden in Verbindung mit dem Zuckerkonsum diskutiert. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und andere Ernährungsfachgesellschaften begrenzen die Menge an freiem Zucker in ihren Empfehlungen auf max. 10 % der täglichen Gesamtkalorienzufuhr. Bei einer Zufuhr von 2000 kcal eines Erwachsenen wären das etwa 50 g freier Zucker pro Tag. Freie Zucker sind alle Ein- und Zweifachzucker, die Lebensmittel zugesetzt werden zuzüglich dem Zucker, der in Sirupen, Honig, Fruchtsaftkonzentraten und Fruchtsäften natürlicherweise enthalten ist. Statistisch liegt der Zuckerkonsum (Weißzuckerwert) in Deutschland bei 32,5 kg/ Jahr; das entspricht ca. 89 g/Tag. Dieser Wert ist von den DGE-Empfehlungen weit weg. Im Altersvergleich liegt der Konsum an freiem Zucker bei der jungen, heranwachsenden Generation sogar am höchsten. Dabei ist Zucker nicht das einzige Problem: Generell ist neben dem Zucker auch eine hohe Zufuhr von Salz und Fetten und damit einhergehend ein hoher Gesamtkaloriengehalt problematisch. Nationale Strategien für eine gesundheitsförderliche Ernährung Dem wachsenden Gesundheitsnotstand in unserer Gesellschaft, der sich auch in hohen Gesundheitskosten niederschlägt, versucht das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) seit Jahren entgegenzuwirken. 2008 startete der Nationale Aktionsplan „IN FORM – Deutschlands Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung“, welcher 2021 fortgeschrieben wurde. Wesentliche Punkte des Aktionsplans sind zielgruppenorientierte Aufklärung und Ernährungsbildung. Bei der Aufklärungsarbeit stehen drei Lebensphasen besonders im Fokus: die Schwangerschaft, das Kleinkind- und das Seniorenalter. Ein weiterer wichtiger Baustein des IN-FORM-Programmes sind die DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Gemeinschaftseinrichtungen, wie zum Beispiel in Kitas, Schulen, Betriebskantinen oder Senioreneinrichtungen. Deren konkrete Vorgaben zur Lebensmittelauswahl und Speiseplanung dienen der Verhältnisprävention in den lebensweltbezogenen Außer-Haus-Verpflegungsbereichen. Leider konnten mit den bisherigen ernährungspolitischen Maßnahmen noch keine wesentliche Änderung des Ernährungsverhaltens bewirkt werden. Das liegt mutmaßlich am ungebrochenen Trend zur Verwendung von Fertigprodukten. Sie gehören zum heutigen Lebensstil weitgehend dazu. Genau hier liegt der Ansatzpunkt der „Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie (NRI) für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten“, die am 19. Dezember 2018 vom BMEL veröffentlicht wurde. Das Hauptaugenmerk ruht dabei insbesondere auf Fertigprodukten, die sich durch Art und Aufmachung an Kinder und Jugendliche richten. Ziel ist die Senkung des Energie-, Zucker-, Salz- und/oder Fettgehaltes in vorverpackten Lebensmitteln und/oder die Senkung der Portionsgrößen. Auf diese Absicht hatten sich das BMEL mit den Wirtschaftsverbänden in einer Grundsatzvereinbarung auf der Basis einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Unternehmen geeinigt. In manchen Lebensmittelbereichen stellt die Zielsetzung eine Herausforderung dar, z.B. hinsichtlich der Textur und Haltbarkeit eines Produkts. Deshalb werden neue innovative Ansätze für die Lebensmittelproduktion staatlich gefördert, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Hinsichtlich des Zuckers lautet das konkrete Ziel: bis 2025 mindestens 20 Prozent weniger Zucker in Frühstückscerealien für Kinder und jeweils 15 Prozent geringere Zuckermengen in gesüßten Kinder-Milchprodukten, in Erfrischungsgetränken und in fruchthaltigen Getränken mit Zuckerzusatz zu erreichen. Der mehrjährige Umsetzungsprozess wird durch ein wissenschaftliches Monitoring des Max-Rubner-Institutes (MRI) begleitet und transparent gemacht. Das MRI kontrolliert einerseits die Zucker-, Salz- Fett- und Energiegehalte in Fertigprodukten und soll andererseits die Auswirkungen der geänderten Produkte auf das Ernährungsverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern auswerten. 2016 erfolgte eine Basiserhebung bei über 12.000 Produkten aus 18 Produktgruppen wie beispielsweise Joghurtzubereitungen, Frühstückscerealien, Brot- und Kleingebäck, Tiefkühl-Komplettfertiggerichten, Erfrischungsgetränken oder Quetschprodukten mit jeweils weiteren Untergruppen. Es wurden pro Produktgruppe die Nährwertangaben, Zutatenlisten, Produktbilder und Auslobungen der Hersteller systematisch durchsucht. Seit 2019 erfolgen die Datenerhebungen jährlich. Nicht immer zeigen die Monitoring-Ergebnisse den erwarteten, wünschenswerten Trend an. Beim Zuckermonitoring 2016/ 2021 kam es in der Produktgruppe „Feingebäck“ zwar zu einer Zuckerreduktion um 6,6 Prozent im Vergleich zum Basisjahr und bei der Gesamtstichprobe mit Kinderoptik sogar zu einer Zuckerreduzierung um 18,9 Prozent; gänzlich anders verlief die Tendenz bei „kalten Soßen“ wie Ketchup oder Grillsoßen. In der Gesamtgruppe „kalte Soßen“ gab es keine Veränderungen; in der Untergruppe süß-saure/ süß-scharfe Soßen lag der Zuckergehalt jedoch um 31,6 Prozent höher als bei der Basiserhebung. Änderungen in der Rezeptur von Fertigprodukten führen allein nicht zwangsläufig zu einer gesünderen Ernährungsweise. Eine kontinuierliche Verbesserung der Ernährungsaufklärung und die Stärkung der Ernährungskompetenz in der Bevölkerung sind weiterhin unabdingbar. Diese Anforderung wurde auch in der NRI-Strategie nochmals festgeschrieben. Ein hoher Stellenwert wird dabei einer für Verbraucherinnen und Verbraucher vereinfachten Nährwertdarstellung wie dem Nutriscore beigemessen. Auch Einschränkungen bei der an Kinder adressierten Werbung sind geplant. Über die NRI-Strategie will die Bundesregierung Schritt für Schritt erreichen, dass die gesündere Lebensmittelauswahl zur einfacheren Wahl wird. Die persönliche Zucker-Reduktionsstrategie Wer seine eigene Zucker-Reduktionsstrategie verfolgen will, muss die Zuckerfallen kennen.
Ein Augenmerk auf die Nährwerttabelle und Zutatenliste von Lebensmittelverpackungen ist immer ratsam. Und je mehr man sich in solche Deklarationslisten einliest, desto häufiger kommt man zum Schluss, dass die Eigenherstellung aus naturbelassenen Lebensmitteln meist die gesündere Wahl ist und die bessere Möglichkeit der Zuckerreduktion bietet. Quellen und weitere Informationen
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