Nahrungsmittelunverträglichkeiten in der Kita

Stand: 04/23/2013
Kürzlich bekam ein Kind in einer Kindertageseinrichtung (Kita) am Mittagstisch beim Verzehr der Fischmahlzeit spontan Allergiesymptome: aufgequollene Augen und Pusteln im Gesicht. Nahrungsmittelunverträglichkeiten des Jungen gegen Milch und Zitrone waren bekannt, aber nicht gegen Fisch. In der Vergangenheit hatte der kleine Essensteilnehmer schon Fischgerichte in der Kita gegessen ohne Allergieanzeichen. Diesmal wurde der Notarzt gerufen, die Eltern konnten nicht so rasch zur Klärung der Bedrohung und evtl. mit einem entsprechenden Medikament zur Stelle sein. Das Kita-Personal fordert dringend einen Allergietest bei dem Kind.

Eine möglichst klare Diagnose ist bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten einerseits sehr wünschenswert, andererseits oft nicht so einfach zu stellen. In dem vorliegenden Fall könnte z.B. Zitrone in dem Fischgericht verarbeitet gewesen sein. Auch treten allergische Symptome oft zeitverzögert auf, wie es unlängst bei einem Schulkind in einer praktischen Unterrichtseinheit nach Verzehr einer kleinen Apfelmenge im Müsli der Fall war. Die herbeigerufene Mutter berichtete dem Lehrpersonal, dass der Junge schon am Morgen zu Hause Allergiesymptome wie triefende Nase und brennende Augen hatte.

Allergische Symptome, die durch die überschießende Reaktion von Immunglobulinen der Gruppe E (IgE) des Immunsystems hervorgerufen werden, gehören zur „klassischen“ Nahrungsmittelallergie auch „Atopie“ genannt. Es handelt sich dabei um eine allergische Sofortreaktion, nachdem zuvor unbemerkt eine Sensibilisierung des Immunsystems stattgefunden hat.
Informationen: Entstehung und Verlauf von Allergien

Eine klassische Nahrungsmittelallergie lässt sich weit seltener nachweisen, als betroffene Patienten von sich selbst oder Eltern von ihren Kindern annehmen. Viel häufiger sind nichtallergische Nahrungsmittelunverträglichkeiten (typische Intoleranzen), die sich nicht mit Immunglobulin-Tests nachweisen lassen.
Experten führen die überhöhte Diagnosefeststellung der klassischen Allergie auf den häufig durchgeführten IgG-Test zurück, bei dem Immunglobuline der Klasse G für einzelne Nahrungsmittel bestimmt werden. Die Antikörper IgG werden nicht sofort, sondern nach einer längeren Kontaktphase mit dem Nahrungsmittel gebildet und bleiben über einen langen Zeitraum erhalten. Somit zeigt der IgG-Wert eher eine Toleranz für ein Nahrungsmittel an anstatt einer Intoleranz. Daher sind zur Diagnosestellung einer Nahrungsmittelallergie die kostenaufwändigen, meist von Patienten selbst bezahlten IgG-Bestimmungen ungeeignet. „Das ist die beste Nachricht, die ich seit langem gehört habe“, erklärte eine Mutter nach dem Besuch einer Allergie-Weiterbildungsveranstaltung begeistert, „dann kann meine Tochter ja wieder die meisten Lebensmittel essen“.
Informationen: Ernährungsempfehlungen bei Nahrungsmittelallergien

Auch wenn nichtallergische Nahrungsmittelunverträglichkeiten keine Immunreaktionen auslösen, sind die Symptome oft gleich wie bei klassischer Allergie und bedeuten einen entsprechenden Krankheitswert. Beispielsweise kann es bei der Histaminunverträglichkeit zu klassischen Symptomen bis hin zur Anaphylaxie (anaphylaktischer Schock) kommen, weshalb auch in diesem Fall ein medikamentöses Notfall-Set empfohlen wird.


Kita-Verpflegung bei Allergien

Der DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder setzt voraus, dass Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten der Kinder im Alltag berücksichtigt werden (S. 20). Daraus leitet sich folgende Empfehlung ab:
Kindern mit Allergien, Lebensmittelunverträglichkeiten bzw. krankheitsbedingten Einschränkungen in der Lebensmittelauswahl wird die Teilnahme am Mittagessen ermöglicht durch
…ein spezielles Essensangebot oder
…ein von zu Hause mitgebrachtes, aufgewärmtes Essen.

Welche Möglichkeiten hat eine Kita oder der Träger, Kindern mit Allergien oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten die Teilnahme am Essen zu erleichtern?
  • Bestätigung der Allergie/ Lebensmittelunverträglichkeit durch ärztliches Attest (Anmerkung: ein IgG-Test ist nicht aussagekräftig!)
  • Abstimmung notwendiger Handlungsweisen mit den Eltern und
  • Erstellung eines individuellen Informationsblattes* (siehe unten) zur Allergie/ Lebensmittelunverträglichkeit des Kindes
  • …als Handlungsanweisung für die pädagogischen und hauswirtschaftlichen Fachkräfte der Einrichtung. Laut Qualitätsstandard müssen die Informationen für alle betreuenden und verantwortlichen Personen (pädagogische Fachkräfte und Küchenpersonal) gut sichtbar aufgelistet und angebracht sein.
  • auf spezielle milch-, gluten- oder eifreie Mahlzeiten von Caterern zurückgreifen
  • bei Kita-Festen für Allergiker verträgliche Speisen zubereiten, Rezepte können von den Eltern zur Verfügung gestellt werden.

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*Das Informationsblatt zur Allergie des Kindes sollte beinhalten:
  1. Name des Kindes
  2. Gruppe des Kindes
  3. Form der Allergie/ Lebensmittelunverträglichkeit
  4. Auflistung der zu vermeidenden Lebensmittel/ -inhaltsstoffe
  5. Auflistung von „Ersatz“Lebensmitteln, die vertragen werden und ggfs. in der Kita deponiert werden können
  6. Informationen zu Erstmaßnahmen im Notfall (nach Rücksprache mit den Eltern)
  7. Telefonnummer einer Ansprechperson (z.B. der Eltern)
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Im Fall der Fremdverpflegung durch einen Essensanbieter (Caterer) ist Folgendes zu empfehlen:
  • bei der Ausschreibung vertraglich festhalten, dass der Caterer bei Bedarf ein Allergiker- oder Diätessen ohne Aufpreis zur Verfügung stellt oder bei wachsendem Bedarf eine einvernehmliche Regelung festlegen
    [ebenso, wenn aus religiösen Gründen eine alternative Kost erforderlich ist]
  • den Caterer um Auskunft über die wichtigsten allergenen Zutaten in den Gerichten bitten
    [Hinweis: Eine gesetzliche Verpflichtung zur Allergenkennzeichnung besteht in der Gemeinschaftsverpflegung noch nicht. Bis Dezember 2014 muss das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Deutschland eine entsprechende Vorschrift erlassen.

Literatur:


ernaehrungsberatung@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de/vernetzungsstelle