Pflanzendrinks im Check

Stand: 12/22/2020
Pflanzendrinks nehmen ganze Regale in den Lebensmittelgeschäften ein. Anfangs entwickelt als Lebensmittel für Menschen mit Allergien, nutzen heute immer mehr Menschen diese Alternative zur Milch. Die Produkte dürfen per Gesetz nicht als „Milch“ bezeichnet werden, daher nennen sich die meisten „Drink“.
Doch wie sind diese Milchalternativen zu bewerten? Sind sie wirklich gesünder und nachhaltiger, so wie es viele Hersteller versprechen?


Herstellung

Ausgangsprodukte der beliebtesten pflanzlichen Milchalternativen sind:
  • Hafer
  • Soja
  • Mandeln
  • Kokos
  • Reis
Daneben werden aber mittlerweile alle erdenklichen Arten von Drinks angeboten, wie Drinks auf Basis von Erbsen, Hirse oder Macadamianüssen.

Für die Herstellung von Drinks auf Getreidebasis werden die Körner grob gemahlen, eingeweicht, gekocht und fermentiert. Dabei bauen die zugesetzten Enzyme (Amylasen) die Stärke aus den Getreidekörnern zu Mehrfachzuckern ab. Danach werden die festen Bestandteile abgesiebt und abfiltriert. Salz wird zur geschmacklichen Abrundung zugefügt. Durch Zugabe von Ölen wird eine milchähnliche Konsistenz erzielt. Das Erzeugnis wird homogenisiert, damit sich die Inhaltsstoffe fein verteilen.
Drinks aus Getreide, insbesondere Hafer, haben ein angenehmes Mundgefühl und schmecken vollmundig und leicht süß.
Sojadrinks werden ohne Enzymzusätze hergestellt. Die Bohnen werden geschält, eingeweicht, gemahlen, gekocht und von den Feststoffen getrennt. Sojadrinks schmecken weniger süß als die Getreidevarianten.
Zur Herstellung von Mandelgetränken werden die Früchte geschält, geröstet, gemahlen, mit Wasser verrührt und erhitzt und ziehen gelassen, dann abgefiltert.
Alle Produkte werden zur Haltbarmachung ultrahocherhitzt.

Die Milchalternativen zeigen in der Küche ähnliche Einsatzmöglichkeiten wie Kuhmilch. Nur Gerichte mit Reis- und Kokosnussdrink können eine ungewohnte Konsistenz aufweisen. Reismilch ist deutlich wässriger als Kuhmilch, so dass ein Schokopudding mit Reismilch eher einer Schokosauce gleicht und einer mit Kokosmilch durch den hohen Fettgehalt einen Fettfilm aufweist. Je nach Gericht kann der Geschmack der Milchalternative dominieren und anfangs als ungewohnt empfunden werden.


Ernährungsphysiologische Bewertung

Interessant ist der Vergleich der Nährwerte von Pflanzendrinks und Kuhmilch. Während die meisten Pflanzendrinks einen geringeren Energie-, Fett- und Zuckergehalt aufweisen, punktet die Kuhmilch mit ihrem hohen Gehalt an Kalzium und Jod.
Die meisten Pflanzendrinks werden mit der kalziumreichen Meeresalge Lithothamnium calcareum, Kalziumkarbonat oder Trikalziumphosphat angereichert und kommen so mit 120 mg/ 100 g auf einen ähnlichen Kalziumgehalt wie die Kuhmilch.
Einige Drinks haben deutlich weniger Kalorien als Kuhmilch, bedingt durch geringere Gehalte an Eiweiß, Fett und/ oder Kohlenhydraten. Einzelne Drinks enthalten keine Kohlenhydrate. Nur Drinks aus Soja kommen auf einen ähnlichen Gehalt an Eiweiß wie Kuhmilch.

Milchalternativen im Vergleich
Energie
[kcal]
Eiweiß
[g]
Fett
[g]
Kohlenhydrate/ davon Zucker
[g]
Ballaststoffe
[g]
Kuhmilch, 1,5% Fett
48
3,4
1,6
4,6 / 4,6
0
Sojadrink ungesüßt (Provamel)
35
3,7
2,1
0 / 0
0,6
Mandeldrink ungesüßt (alpro)
13
0,4
1,1
0 / 0
0,4
Reisdrink ungesüßt (Alnatura)
50
0,5
1,1
9,9 / 7,1
0,5
Haferdrink calcium (oatly)
46
1
1,5
6,7 / 4,1
0,8
Kokosdrink (dm)
15
1,7
0,4
1,3 / 1,3
0,5
Quelle: Herstellerangaben

Generell ist der Sojadrink der nährstoffdichteste und kann sich, auch ohne Zusätze, im Vergleich mit der Kuhmilch sehen lassen. Er punktet vor allem durch sein günstiges Fettsäuremuster und den geringen Zuckergehalt, kann aber ohne Anreicherung nicht mit dem Kalzium- und Jodgehalt der Kuhmilch mithalten.

Was Soja von Natur aus mitbringt
Quelle: Basierend auf einer Grafik in Stiftung Warentest 8/18

Beim Kauf der Milchalternativen lohnt sich ein Blick auf die Zutatenliste. Mittlerweile gibt es sehr viele verschiedene Hersteller auf dem Markt. Manche bieten die Drinks pur an, andere reichern sie mit jeder Menge Vitamine und Mineralstoffe an, setzen Zucker, Sonnenblumenöl, Aromen, Stabilisatoren und weiteres hinzu. So kann sich jeder seinen ganz speziellen Lieblingsdrink, nach seinen Vorstellungen suchen.

Werden allerdings gar keine Milchprodukte verzehrt, sollte darauf geachtet werden, dass die Versorgung mit Vitamin B2 und Kalzium durch entsprechende Lebensmittelauswahl sicher gestellt bleibt. Am einfachsten wählt man dazu eine mit Kalzium angereicherte Milchalternative oder kalziumreiche Mineralwässer. Auch der vermehrte Verzehr von Kohlarten, Sesam, Mandeln oder Mohn kann zur Kalziumversorgung beitragen. Alternative Vitamin B2-Quellen können Vollkornprodukte, Pilze und Hefeflocken sein. Durch das Keimen von Körnern wird der Vitamin B2 Gehalt deutlich erhöht. Auch Hülsenfrüchte, Mandeln und Brokkoli haben nennenswerte Vitamin B2 Mengen.


Ökologische Bewertung

Tierische Lebensmittel, auch die Milch, gelten als klimaschädlich. Dafür ist sie, abgesehen von Erhitzung und Homogenisierung nicht verarbeitet und stammt direkt aus der Region, während die Rohstoffe für die Produktion von Pflanzendrinks wie Mandeln, Reis etc. häufig aus Amerika oder Asien importiert werden müssen. Zudem steht auch Reis bezüglich seiner klimaschädlichen Anbaumethoden in der Kritik.

Informationen hier: Reisanbau und die Folgen für unser Klima

Die verschiedenen pflanzlichen Milchalternativen zeigen im Vergleich zur Kuhmilch ökologische Vorteile. Unter ihnen gibt es jedoch große Unterschiede. So klafft die Ökobilanz eines zu Hause angerührten Haferdrinks mit Hafer aus der Region und die eines Mandeldrinks mit Mandeln aus Kalifornien im Tetrapak deutlich auseinander. Generell weisen Drinks auf Reis- und Mandelbasis einen deutlich höheren Wasserverbrauch und Emissionsausstoß bei der Herstellung auf als beispielsweise Soja- oder Haferdrinks. Diese schneiden ökologisch gesehen sehr gut ab. Vor allem bei Sojadrinks sind Bioprodukte vorzuziehen, da deren Sojabohnen nicht gentechnisch verändert und vor allem fast immer in EU Ländern wie Frankreich, Österreich, Italien oder Deutschland angebaut werden. Hier lohnt sich der Blick auf die Verpackung. Viele Hersteller geben das Anbaugebiet ihrer Sojabohnen an.

Einfluss auf die Umwelt von einem Glas (200 ml) verschiedener Drinks
Quelle: Basierend auf einer BBC Grafik nach Poore & Nemecek (2018), Science in Guilbourg/ Briggs

Mittlerweile bieten sogar einige Bioläden nicht nur Kuhmilch, sondern auch Milchalternativen in Mehrweg-Glasflaschen an. Um noch mehr Verpackungen zu vermeiden, können die Milchalternativen auch ganz einfach selbst hergestellt werden.


Pflanzendrinks selber herstellen

Im Internet finden sich dazu unzählige Anleitungen mit Nussmilchbeutel (Passiertücher zum Filtern der Pflanzengetränke) oder sogenannten Nussmilch-Makern.
Es gibt auch Varianten, die ohne Hilfsmittel und Vorbereitungszeit funktionieren. Dazu werden die folgenden Zutaten einfach miteinander vermischt. Püriert wird der Drink noch cremiger.

Hafermilch:
50 g Haferschmelzflocken
500 ml Wasser
1 Prise Salz

Mandelmilch:
3 EL Mandelmus
500 ml Wasser
1 Prise Salz


Fazit

Milchalternativen haben ihre Daseinsberechtigung, das zeigt die steigende Nachfrage aus sehr unterschiedlichen Motiven und die immer größere Varianz der Pflanzendrinks.
Nährwerttechnisch hat jede Milchalternative ihre eigenen Vorzüge. Während der Sojadrink durch seine günstige Nährwertzusammensetzung überzeugt, sind Mandeldrinks besonders kalorienarm und der Haferdrink punktet mit seinem süßlichen Geschmack.
Neben den puren Sorten finden sich auch verschiedene Geschmacksrichtungen wie Schokolade oder Vanille. Bei allen gibt es sehr große Unterschiede zwischen den Zutaten. Wer Zusatzstoffe, Aromen und zugesetzten Zucker vermeiden will, sollte die Zutatenlisten studieren.
So kann ein Pflanzendrink durchaus als Alternative zur Kuhmilch verwendet werden. Dabei ist es nicht nur interessant, die verschiedenen Sorten zu testen, ein gelegentlicher Austausch von Kuh- zu Pflanzenmilch kann auch günstig für unsere Umwelt sein. Im Sinne der Nachhaltigkeit können Pflanzendrinks jedoch nicht per se als günstig bewertet werden. Im Einzelfall entscheiden Kriterien wie Anbau, Verarbeitung, Verpackung oder Herkunft.
Letztendlich bleibt es auch Geschmackssache, ob man zu Erbsen-, Hafer-, Mandeldrink oder Kuhmilch greift.


Quellen und weiterführende Information


Melina.Ebert@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de/ernaehrungsberatung