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Histaminunverträglichkeit, Essen und Trinken
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Essen und Trinken bei Histaminunverträglichkeit. Die Histaminunverträglichkeit (Histaminintoleranz, Histaminose) ist eine Unverträglichkeit gegenüber Histamin und anderen biogenen Aminen wie Tyramin oder Putrescin. Biogene Amine entstehen aus bestimmten Aminosäuren wie Histidin, Tyrosin oder Lysin. Sie werden sowohl mit der Nahrung aufgenommen, als auch im Körper gebildet und erfüllen unterschiedliche Aufgaben im Stoffwechsel. Histamin wirkt als körpereigenes Gewebshormon und übernimmt als solches verschiedene wichtige Funktionen. Es senkt den Blutdruck, reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus, fördert die Magensaftproduktion, regt die Darmbewegung an, ist am Ablauf von Entzündungsprozessen im Körper beteiligt und spielt als Entzündungsvermittler auch eine große Rolle bei allergischen Reaktionen. Bei einer Unverträglichkeit gegenüber Histamin reagieren die Betroffenen mit ähnlichen Symptomen wie bei einer Allergie, auch wenn die Histaminunverträglichkeit keine Allergie darstellt. Sie gehört zu den so genannten nicht allergischen Nahrungsmittelunverträglichkeiten (NMU). Man spricht hier auch von einer Pseudoallergie. Ursachen und Folgen der Histaminunverträglichkeit Etwa 3-4 % der Bevölkerung leiden unter einer Histaminunverträglichkeit, wobei in vier von fünf Fällen Frauen im mittleren Alter betroffen sind. Patienten mit einer pollenassoziierten Nahrungsmittelallergie leiden oftmals gleichzeitig unter einer Histaminunverträglichkeit. Bei der Histaminunverträglichkeit liegt ein Ungleichgewicht vor zwischen der Histaminaufnahme über Lebensmittel bzw. zwischen der Histaminbildung im Körper und dem Histaminabbau. Die genauen Stoffwechselvorgänge und Ursachen, welche zu den Beschwerden der Histaminintoleranz führen, sind noch nicht geklärt. Relativ gesichert ist, dass ein Mangel oder eine ungenügende Aktivität des Enzyms Diaminoxidase (DAO) als Ursache in Frage kommt. Die DAO wird in den Zellen der Darmschleimhaut gebildet und ist am Abbau des Nahrungshistamins beteiligt. Ein DAO-Mangel kann genetisch bedingt oder auch Folge entzündlicher Darmerkrankungen sein. Neben der DAO kann auch eine ungenügende Aktivität des Enzyms Histamin-N-Methyltransferase (HNMT) das Histamingleichgewicht beeinträchtigen. Die HMNT ist am Abbau des körpereigenen Histamins beteiligt. Immer häufiger ist zu beobachten, dass Patienten mit einer Laktoseintoleranz und/ oder Fruktosemalabsorption auch histaminreiche Nahrungsmittel nicht vertragen. Mit erfolgreicher Behandlung dieser Unverträglichkeiten verbessert sich bei den Betroffenen in der Regel auch die Histaminverträglichkeit. Man geht davon aus, dass die Ernährungsumstellung die Zusammensetzung der Mikrobiota im Dickdarm günstig beeinflusst. Häufige Symptome der Histaminunverträglichkeit sind plötzliche Hautrötung, meist im Gesicht (Flush), Juckreiz, Urtikaria und Schwellungen, Magen und Darmbeschwerden (Übelkeit, Durchfall, Erbrechen), Fließschnupfen, Herzrasen, Blutdruckabfall, Schwindel, Kopfschmerzen und Migräne, Asthma bronchiale sowie Menstruationsbeschwerden. Die Symptomatik ist sehr vielfältig und individuell verschieden. Beschwerden treten meist 20-30 Minuten und bis zu vier Stunden nach einer Mahlzeit auf. Bei der Histaminunverträglichkeit kann Alkohol die Symptome verschlimmern. Alkohol hemmt die DAO, erhöht die Durchlässigkeit der Darmwand und fördert außerdem die Freisetzung von Histamin aus bestimmten Zellen. Die Toleranzschwelle gegenüber Histamin ist individuell sehr unterschiedlich. Man vermutet, dass histaminunverträgliche Patienten schon auf 10 mg Histamin reagieren können. Ein Problem bei der Histaminunverträglichkeit ist die unzureichende Aussagekraft verschiedener diagnostischer Parameter. Beispielsweise lässt beim Menschen, im Gegensatz zum Tiermodell, eine Bestimmung der DAO-Aktivität im Serum keinen Rückschluss auf die Enzymaktivität im Dünndarm zu. Die Aussagekraft der Histaminbestimmung im Stuhl ist begrenzt, da Histamin auch von Darmbakterien gebildet wird. Ein Histamin-50-Pricktest lässt zwar Rückschlüsse auf das Abbauvermögen körpereigenen Histamins zu, nicht jedoch auf die Abbaukapazität von Nahrungshistamin. Ab Histaminmengen von etwa 100 mg sind meist auch bei gesunden Menschen leichte, ab Mengen über 1000 mg schwere Vergiftungen wahrscheinlich. Histaminvergiftungen können beispielsweise bei Verzehr verdorbenen Fischs auftreten. Histamin in Lebensmitteln Durch Um- und Abbau von Eiweißen kommt Histamin in fast allen Lebensmitteln vor. Einige Nahrungsmittel können jedoch besonders hohe Gehalte aufweisen. Das sind vor allem solche, die durch Fermentation mit Hilfe von Bakterien hergestellt werden. Dazu gehören unter anderem Wurstwaren wie Salami, Cervelatwurst, Landjäger, Mettwürste, Rohschinken, Parmaschinken, Bündner Fleisch und Speck lang gereifte Käse wie Bergkäse, Parmesan, Roquefort, außerdem Brie und Harzer Käse Sauerkraut und andere, sauer eingelegte Gemüse Rotweine und Weizenbiere. Die Bakterien tragen während der Reifungs- oder Gärungsprozesse erheblich zur Bildung der Amine bei. Dementsprechend enthalten sehr lang gereifte Käse deutlich mehr biogene Amine als kurz gereifte Käse. Bestimmte Merkmale der Weinbereitung wie Maischegärung (Rotwein), biologischer Säureabbau oder Spontanvergärung können zu erhöhten Histamingehalten führen, bei Rotweinen oft höher als bei Weißweinen. Bier weist hohe Schwankungsbreiten je nach Brauvorgang auf. Fassbiere können relativ viel Tyramin enthalten. Auch Schokolade, Zitrusfrüchte oder Nüsse können andere biogene Amine enthalten, die bei empfindlichen Menschen Symptome auslösen können. Bei Fisch hängt der Histamingehalt sehr stark vom Frischezustand ab. Fangfrischer, gut gekühlter sowie tiefgekühlter Fisch enthält kein oder nur geringe Mengen an Histamin. Tiefgefrorener Fisch, der ohne Auftauen sofort gegart und anschließend verzehrt wird, ist für Menschen mit Histaminunverträglichkeit oft unproblematisch. Mildes Sauerkraut hat i.d.R. niedrigere Histamingehalte als sehr saures Kraut. Durch Wegschütten der Lake kann der Gehalt weiter reduziert werden, so dass das Gemüse verträglich sein kann. Allgemein kann man sagen: Je frischer ein Nahrungsmittel ist, desto weniger Histamin enthält es. Manche Angaben zu Histamingehalten in Lebensmitteln sind auch veraltet. Ein Beispiel dafür ist die Hefe und hefehaltige Produkte. Die Angaben zum Histamingehalt in Hefe beruhen auf Analysen aus dem Jahr 1969. Damals waren die biotechnologischen Verfahren zur Hefeherstellung noch nicht so „sauber“ und es kam zu unterschiedlichen Graden einer bakteriellen Kontamination. Heute stellt Hefe i.d.R. kein Problem für Betroffene dar. An dieser Stelle wird bewusst keine Tabelle mit histaminreichen Lebensmitteln veröffentlicht, da viel zu häufig bereits nur der Verdacht auf eine Histaminunverträglichkeit zu einer umfangreichen diätetischen Einschränkung führt, die nicht nur die Vielfalt des Speiseplans, sondern auch das Sozialleben betrifft und in den meisten Fällen überflüssig ist. In den meisten Listen werden Lebensmittelgruppen gänzlich ausgeschlossen, obwohl es dafür keine plausiblen, wissenschaftlichen Begründungen gibt. Daher sollte man auf keinem Fall auf eigene Faust bestimmte Lebensmittel ausschließen. Histaminwerte in Nahrungsmitteln unterliegen hohen Schwankungen je nach Herstellungsverfahren und Lagerbedingungen. Durch Einhaltung hoher Hygienestandards bei Herstellung und Lagerung sowie durch eine gezielte Auswahl von Starterkulturen kann der Histamingehalt in Lebensmitteln minimiert werden. Entscheidend ist auch die richtige Lagerung im Haushalt, insbesondere von leichtverderblichen eiweißreichen Lebensmitteln. Bisher gibt es keine rechtlich geregelten Höchstwerte für den Gehalt an biogenen Aminen in Lebensmitteln. Nur bei Fisch gibt es eine EU-Verordnung. Demnach darf ein Höchstwert von 200 mg/ kg in keiner Probe überschritten werden (bei Anchosen 400 mg/ kg). Diätetische Maßnahmen Die Diagnose der Histaminiunverträglichkeit ist nicht einfach, da es kein gesichertes Vorgehen zur Diagnostik gibt (siehe oben). Die Verdachtsdiagnose wird vorwiegend nach Ausschluss anderer Ursachen gestellt. Bleibt der Verdacht einer Histaminunverträglichkeit bestehen, können anhand eines Symptom- und Ernährungstagebuchs individuell verträgliche Histaminmengen eingegrenzt werden und Begleitumstände, welche eine Überempfindlichkeit fördern, identifiziert werden. Bei Verdacht auf eine Histaminunverträglichkeit sollte immer ein/e auf allergische Erkrankungen spezialisierte/r Facharzt/ Fachärztin aufgesucht werden. Eine Ernährungsumstellung sollte unbedingt von einer allergologisch geschulten Ernährungsfachkraft (zu finden unter www.allergie-wegweiser.de) begleitet werden, um diätetische Einschränkungen so gering wie möglich zu halten. Von pauschalen, restriktiven Diätformen wird abgeraten. In enger Zusammenarbeit zwischen der betroffenen Person und der Ernährungsfachkraft werden die Verzehrgewohnheiten betrachtet und umgestellt. Wichtige Ansatzpunkte sind hierbei: Der Gemüseanteil: Menschen mit Histaminunverträglichkeit essen oft wenig Gemüse. Die allmähliche Steigerung des Verzehrs, im Sinne der Empfehlung, bis zu drei Portionen Gemüse am Tag zu verzehren, ist ein Eckpfeiler der Ernährungsumstellung. Die Mahlzeitenstruktur: Ziel ist es, zu bestimmten Mahlzeiten zu essen. Wenn das oftmals beliebte „Snacking“, häufiges Naschen zwischendurch, eingestellt wird, kann das zu einer Besserung der Symptomatik beitragen. Das Ziel der Ernährungstherapie sollte eine langfristige individ uelle und ausgewogene Ernährung mit möglichst wenigen Einschränkungen sein. Quellen und weitere Informationen Claudia Weiß: Biogene Amine, in: Ernährungs Umschau März 2009, S. 172 – 179 Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V. (DGAKI) u.a. (Hrsg.): Leitlinie zum Vorgehen bei Verdacht auf Unverträglichkeit gegenüber oral aufgenommenem Histamin, in: Allergologie, Jahrgang 44, Nr. 10/2021, S. 761-772, im Internet unter register.awmf.org (letzter Zugriff 17.06.2024) Ute Körner, Astrid Schareina: Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten, Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2021, 2. Auflage Imke Reese, Christiane Schäfer: Ernährungstherapie bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Dustri-Verlag: München-Orlando,2018
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